Urteil vom 21.06.2005 - WD 12.04

Leitsätze: Ein Major weigerte sich im April 2003, den Befehl seines Vorgesetzten auszuführen, an der weiteren Entwicklung eines militärischen Software-Programms mitzuwirken, da er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne, Befehle zu befolgen, die geeignet seien, Kriegshandlungen im Irak zu unters...

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Published in:Kirche & Recht
Corporate Author: Deutschland, Bundesverwaltungsgericht (Author)
Format: Print Article
Language:German
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Published: Berliner Wissenschafts-Verlag 2006
In: Kirche & Recht
Year: 2006, Volume: 12, Pages: 85
IxTheo Classification:SB Catholic Church law
Further subjects:B Jurisdiction
B Liberty of conscience
B Military service
Description
Summary:Leitsätze: Ein Major weigerte sich im April 2003, den Befehl seines Vorgesetzten auszuführen, an der weiteren Entwicklung eines militärischen Software-Programms mitzuwirken, da er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne, Befehle zu befolgen, die geeignet seien, Kriegshandlungen im Irak zu unterstützen. Dabei machte er geltend, sein Vorgesetzter habe vor Befehlserteilung ihm gegenüber ausdrücklich nicht ausschließen können, dass mit der Arbeit an dem Projekt eine Beteiligung der Bundeswehr an dem von ihm als völkerrechtswidrig angesehenen Krieg gegen den Irak unterstützt werde. Daraufhin setzte das Truppendienstgericht den Soldaten wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Hauptmanns herab. Der 2. Wehrdienstsenat des BVerwG hat den Soldaten freigesprochen, weil ein Dienstvergehen nicht nachzuweisen ist. Ein Verstoß gegen die Gehorsamspflicht (§ 11 Abs. 1 Soldatengesetz) liegt nicht vor. In der konkreten Lage wird das Grundrecht der Freiheit des Gewissens nach Art. 4 Abs. 1 GG durch den militärischen Befehl nicht verdrängt. Dieser war deshalb für den Soldaten unverbindlich. Der Soldat hat die Ernsthaftigkeit seiner Gewissensentscheidung glaubhaft dargetan. Der Soldat kann sich auf das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG ungeachtet dessen berufen, dass er keinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nach Art. 4 Abs. 3 GG gestellt hat. Denn auch Berufssoldaten steht das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG zu. Die Streitkräfte sind als Teil der vollziehenden Gewalt ausnahmslos an "Recht und Gesetz" (Art. 20 Abs. 3 GG) und insbesondere an die Grundrechte uneingeschränkt gebunden. Davon könnten sie sich nicht unter Berufung auf Gesichtspunkte der militärischen Zweckmäßigkeit oder Funktionsfähigkeit freistellen.
ISSN:0947-8094
Contains:Enthalten in: Kirche & Recht