"Heiliges Russland" und "Russische Welt": zur Sakralisierung des Landes und zur Politisierung der Religion in Russland

Schon zu Beginn seiner Amtszeit hat der russische Patriarch Kirill das seit 2001 von Wladimir Putin propagierte Narrativ einer "Russischen Welt", das heißt eines durch Sprache, Kultur, traditionelle Werte und orthodoxen Glauben geeinten Volkes, aufgegriffen und es mit der Idee der "He...

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Main Author: Flogaus, Reinhard 1965- (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
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Published: De Gruyter 2024
In: Berliner theologische Zeitschrift
Year: 2024, Volume: 41, Issue: 1, Pages: 309-347
Online Access: Volltext (lizenzpflichtig)
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Description
Summary:Schon zu Beginn seiner Amtszeit hat der russische Patriarch Kirill das seit 2001 von Wladimir Putin propagierte Narrativ einer "Russischen Welt", das heißt eines durch Sprache, Kultur, traditionelle Werte und orthodoxen Glauben geeinten Volkes, aufgegriffen und es mit der Idee der "Heiligen Rus'" und ihrer eschatologischen Mission verbunden. Zahlreiche Motive dieser im 16. Jahrhundert entstandenen Vorstellung eines heiligen Landes und eines auserwählten Volkes, das von einem orthodoxen Herrscher regiert wird und das mit göttlichem Beistand gegen Unglauben und die Laster kämpft, kehren in den gegenwärtigen Predigten und Ansprachen des Patriarchen wieder. Doch Kirills theologische Rechtfertigung des Ukrainekrieges als eines Kampfes für die Einheit der "Heiligen Rus'" und gegen die Pseudowerte des Westens hat seiner Kirche schweren Schaden zugefügt und dazu geführt, dass sich die Ukrainische und die Lettische Orthodoxe Kirche vom Moskauer Patriarchat getrennt haben und andere Teile der ROK sich klar von ihrem Kirchenoberhaupt distanzieren.
Right from the beginning of his tenure, Russian Patriarch Kirill took up the narrative of a "Russian world" propagated by Vladimir Putin since 2001, i. e. one people united by language, culture, traditional values and Orthodox faith, and linked it to the idea of "Holy Rus'" and its eschatological mission. Numerous motifs from this 16th-century idea of a holy land and a chosen people, ruled by an Orthodox sovereign and fighting with divine assistance against unbelief and vice, recur in the Patriarch's contemporary sermons and speeches. However, Kirill's theological justification of the war in Ukraine as a fight for the unity of "Holy Rus'" and against the pseudo-values of the West has caused serious damage to his church and led to the Ukrainian and Latvian Orthodox Churches separating from the Moscow Patriarchate and other parts of the ROC clearly distancing themselves from their church leader.
ISSN:2699-3414
Contains:Enthalten in: Berliner theologische Zeitschrift
Persistent identifiers:DOI: 10.1515/bthz-2024-0017