"Alles eitel und so weitel". Lyrische Erinnerungen an Salomo

Die deutschsprachige Lyrik des 20. Jh. spielt die biblische Figur König Salomos in unterschiedlichen Kontexten ein. In seiner Rolle als zweifelnder Weisheitslehrer (Kohelet), dient Salomo als Gewährsmann einer kritischen Sicht der eigenen Gegenwart, die darum weiß, dass am Ende alles Windhauch ist....

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Bibliographic Details
Main Author: Gillmayr-Bucher, Susanne 1962- (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
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Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: Universität Wien, Katholisch-Theologische Fakultät, Institut für Bibelwissenschaft 2014
In: Protokolle zur Bibel
Year: 2014, Pages: 647-663
Standardized Subjects / Keyword chains:B Wisdom / Teacher
Further subjects:B Promise
B Literature
B Poetry
B Judge
B Solomon Israel, King
Online Access: Volltext (kostenfrei)
Parallel Edition:Non-electronic
Description
Summary:Die deutschsprachige Lyrik des 20. Jh. spielt die biblische Figur König Salomos in unterschiedlichen Kontexten ein. In seiner Rolle als zweifelnder Weisheitslehrer (Kohelet), dient Salomo als Gewährsmann einer kritischen Sicht der eigenen Gegenwart, die darum weiß, dass am Ende alles Windhauch ist. Auf diese Weise kann eine Anspielung auf Salomo dazu dienen, der Gesellschaft ihren Spiegel vorzuhalten, ihre vermeintlichen Vorbilder und Werte zu dekonstruieren (B. Brecht, W. Kirsten). Eine Grundhaltung, die ihrer eigenen Vergänglichkeit und Nichtigkeit stets bewusst ist, kann jedoch ebenso die Möglichkeit eröffnen subjektiv erfahrener Gefährdung und Vernichtung entgegenzutreten (N. Sachs). Kommt Salomo als königlicher Richter in den Blick, so geschieht das vorwiegend kritisch, um gegenwärtige Rechtsprechung und Herrschaftsformen in Frage zu stellen anzuprangern oder schonungslos zu enthüllen (M. Mosebach, M. Hermann). Als Herrscher ohne konkrete politische Funktion nimmt Günther Grass König Salomon in den Blick und wendet dabei die Perspektive, die nicht die Gegenwart im Gewand biblischer Figuren kritisiert sondern vielmehr das biblische Bild aus dem Blick gegenwärtiger Zustände dekonstruiert. Von diesen kritisch ironischen Stimmen heben sich jene Gedichte ab, die ihre Hoffnung und Zukunft aus einer Erinnerung konstruieren. Es sind vor allem jüdische Lyrikerinnen (E. Lasker-Schüler, R. Ausländer), die mit Salomo Bilder einer verlorenen Heimat hoffnungsvoll einspielen. Salomo kann darin zum Vorbild und Urbild der Sehnsucht und Liebe zu Jerusalem und Israel werden. Seine Lieder wecken Erinnerungen und prägen zugleich die Sehnsucht, die an Israel und den Verheißungen festhält. Diese facettenreichen lyrischen Blicke auf Salomo zeigen, dass dieser biblische König, Richter und Weisheitslehrer in der literarischen Erinnerung des 20. Jh. weiterhin präsent ist und als Deutungsperspektive für die je eigene Gegenwart herangezogen wird.
ISSN:2412-2467
Contains:In: Protokolle zur Bibel