Unterlassungsanspruch eines Bischofs gegen Berichterstattung („Abtreibungsindustrie“). LG Frankfurt, Urteil vom 7.2.2019 (2-03 O 190/18)

1. Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an. Soweit eine Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist, ist darauf abzustellen, was im Vorder...

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Bibliographic Details
Corporate Author: Hessen, Landgericht, Frankfurt am Main (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: Walter De Gruyter GmbH 2023
In: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946
Year: 2023, Pages: 56-73$v73
Standardized Subjects / Keyword chains:B Judgment / Unterlassungsurteil / Bishop / Abortion / Omission
IxTheo Classification:SA Church law; state-church law
SB Catholic Church law
Online Access: Volltext (Verlag)
Description
Summary:1. Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an. Soweit eine Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist, ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht. Vom Überwiegen des tatsächlichen Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich als zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt. 2. Der Bericht eines Abtreibungsvereins, in dem auf Bestattungen unter anderem von Embryonen und Feten aus Schwangerschaftsabbrüchen Bezug genommen wird und zum Ausdruck gebracht wird, dass diese erfolgen, „um alle Spuren zu verwischen“, ist unter Hinzufügung des Satzes, dass ein namentlich benannter römisch-katholischer Bischof „ins Spiel“ kommt, vom maßgeblichen Durchschnittsrezipient so zu verstehen, dass dieser in die vorgenannten Handlungen involviert sei. Diese Äußerungen sind als Tatsachenbehauptung aufzufassen. 3. Auch die nachfolgende Äußerung „Ohne den Rückhalt von Leuten wie … würde die deutsche Abtreibungsindustrie nicht funktionieren. (...) Verschwiegenheit gehört zu den Kardinaltugenden von Strukturen, die die systematische Tötung von Menschen betreiben. Deshalb müssen auch beim Babyzid die Leichen heimlich, still und leise verschwinden. Der … von … macht das möglich.“ wird der Durchschnittsrezipient im Kern so verstehen, dass der Geistliche die „Abtreibungsindustrie“ unterstütze und es ermögliche, dass Embryonen und Feten aus Abtreibungen auf dem Friedhof beigesetzt werden. 4. An der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse. Diese Äußerungen greifen unzulässig in das Persönlichkeitsrecht des Geistlichen ein, so dass er einen Unterlassungsanspruch hat.
ISBN:3110736179
Contains:Enthalten in: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946
Persistent identifiers:DOI: 10.1515/9783110736175