Gott der Vater wohn uns bei: Direkte oder indirekte Anrede?

1. Luthers Dichtung ist die Umgestaltung einer Heiligen-Litanei, die mit unterschiedlichen Anrufen in Handschriften des 15. Jhds. mitgeteilt wird. 2. Aus dieser Zeit ist kein Text mit der Anrufung der Dreifaltigkeit überliefert. Vielmehr ist es die entscheidende Änderung, die Luther vorgenommen hat,...

Full description

Saved in:  
Bibliographic Details
Authors: Ameln, Konrad (Author) ; Luff, A. (Author) ; Kadelbach, A. (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
Journals Online & Print:
Drawer...
Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: Vandenhoeck & Ruprecht 1984
In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie
Year: 1984, Volume: 28, Pages: 84-91
Online Access: Volltext (lizenzpflichtig)
Description
Summary:1. Luthers Dichtung ist die Umgestaltung einer Heiligen-Litanei, die mit unterschiedlichen Anrufen in Handschriften des 15. Jhds. mitgeteilt wird. 2. Aus dieser Zeit ist kein Text mit der Anrufung der Dreifaltigkeit überliefert. Vielmehr ist es die entscheidende Änderung, die Luther vorgenommen hat, daß er die Heiligen-Litanei in ein Gebet zum dreieinigen Gott umwandelte. 3. Für das älteste katholische Gesangbuch, das GB Vehe 1537, wurde Luthers Dichtung mit wenigen Veränderungen (durch C. Querhammer?) übernommen und durch die Anrufung aller Heiligen erweitert. 4. Die Quellenkritik derjenigen lutherischen Gesangbücher, welche die Überschrift „Der lobgsang Got der vater won vns bey, gebessert, vnd Christlich corrigirt” haben, ergibt, daß daraus nicht gefolgert werden kann, es hätte schon vor Luther einen Lobgesang gegeben, der mit den trinitarischen Strophen begann. 5. Obwohl Luthers Lied für den heutigen Sprachgebrauch anscheinend mit dem Optativ beginnt und erst von der fünften Zeile an zum Vokativ übergeht, gibt es doch wichtige Kriterien dafür, daß „Gott der Vater...” und selbst „Heilig Geist der wohn uns bei” als Anrufungen im Vokativ aufzufassen sind. 6. Schon um die Mitte des 16. Jhds. hat man begonnen, die erste Zeile der dritten Strophe so zu ändern, daß die Anrufung des Heiligen Geistes unmißverständlich wurde; unter mehreren Varianten erscheint „Heiliger Geist, wohn uns bei” als die beste und ist in die meisten Gesangbücher übernommen worden, soweit nicht – aus in diesem Falle unangebrachter Ehrfurcht vor dem „originalen” Text – dieser beibehalten wurde. 7. Bei der Erneuerung des EKG sollte die direkte Anrede für alle drei Strophen hergestellt werden, weil dies für den heutigen Sprachgebrauch notwendig ist, damit Luthers Trinitatis-Lied als Gebet zum dreieinigen Gott erkennbar wird. Martin Luther wrote the hymn 'God, the Father, dwell us by' (Coverdale 1539) on the model of a Litany-form from the late Middle Ages which regularly begins with an invocation of the Virgin Mary or of other Saints. Luther's decisive change was to turn the Litany of the Saints into a prayer to the Trinity. M. Vehe took over from him the first three verses in his catholic hymnbook, Leipzig 1537, and attached the invocation of the Saints in the manner of the Middle Ages. Luther's text poses problems in so far as he appears to change from an indirect to direct form of address in mid-verse: while 'God the Father...' and 'Jesus Christ...' can be understood as a kind of vocative, 'Holy Ghost who dwells with us' can only with difficulty be interpreted as such. In order to restore the direct address in the third verse a change was already made in the 16th century by starting in the verse 'Holy Ghost, dwell with us', and similarly in many hymnbooks from the 16th–18th centuries. Ameln declares himself in favour of employing the direct mode of address in all three verses so that Luther's hymn can be recognized as a prayer offered expressly to God the Holy Trinity.
ISSN:2197-3466
Contains:Enthalten in: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie