Schwangerschaftsabbruch, pränatale Diagnostik und intrauterine Therapie

Wegen der engen Symbiose zwischen Mutter und Kind, die charakteristisch für die Schwangerschaft ist, können sich Interessenskonflikte zwischen den beiden Individuen entwickeln. Konflikte, bedingt durch die Bedrohung der mütterlichen Gesundheit einerseits und das Recht des Fetus auf Leben, stellen Au...

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Bibliographic Details
Published in:Ethik in der Medizin
Main Author: Schneider, H. (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
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Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: Springer 1998
In: Ethik in der Medizin
Further subjects:B Prenatal diagnosis
B Intrauterine Therapie
B Schlüsselwörter: Schwangerschaftsabbruch
Online Access: Volltext (lizenzpflichtig)
Description
Summary:Wegen der engen Symbiose zwischen Mutter und Kind, die charakteristisch für die Schwangerschaft ist, können sich Interessenskonflikte zwischen den beiden Individuen entwickeln. Konflikte, bedingt durch die Bedrohung der mütterlichen Gesundheit einerseits und das Recht des Fetus auf Leben, stellen Ausnahmesituationen dar und können in der Regel ohne Opferung der Fetus gelöst werden. Bei unerwünschten Schwangerschaften stellt sich die Frage nach der Priorität von dem Recht der Mutter auf Autonomie und Wahrung ihrer psychosozialen Gesundheit und dem Recht auf Leben des Fetus. Auch die frühzeitige Diagnose eines kranken Fetus mit Aussicht auf ein schwerbehindertes Kind kann - bedingt durch die psychische Belastung - als Bedrohung der mütterlichen Gesundheit aufgefaßt werden. Die gesetzlichen Vorgaben zur Lösung dieser Konflikte variieren zwischen verschiedenen Ländern und unterliegen ihrerseits Anpassungen und Veränderungen. In Anbetracht der verschiedenen kulturellen und religiösen Einflüsse moderner Gesellschaften kann es keinen übergreifenden Konsens zur Lösung dieser Konflikte geben, und die Entscheidung wird im Einzelfall in Abhängigkeit von den moralischen und religiösen Auffassungen der Betroffenen unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen gefällt. In der Schweiz ist nach wie vor eines der ältesten und restriktivsten Gesetze über den Schwangerschaftsabbruch gültig, das eine Unterbrechung nur in Situationen ernsthafter Bedrohung des Lebens oder der Gesundheit der Mutter nach entsprechender Bestätigung durch einen medizinischen Fachexperten zuläßt. Die Anwendung bzw. die Auslegung des Gesetzes hat in den letzten 50 Jahre eine erhebliche Ausweitung erfahren und in der Mehrzahl der Kantone wird die psychosoziale Notlage im Zusammenhang mit einer unerwünschten Schwangerschaft als ernste Bedrohung der Gesundheit der Mutter akzeptiert, so daß der Schwangerschaftsabbrucht straffrei ist. Dem Parlament liegt eine neue Initiative zur Anpassung des Gesetzes an die herrschende Rechtspraxis vor, in dem der straffreie Schwangerschaftsabbruch bis zu 14 Wochen nach der letzten Periode auf Wunsch der Frau gefordert wird. Jenseits dieses Zeitpunkt wird dem Recht des Fetus auf Leben zunehmend Gewicht eingeräumt, so daß die Priorität des Rechtes der Mutter auf Autonomie und Selbstbestimmung nicht mehr gegeben ist. Der Schwangerschaftsabbruch beschränkt sich jenseits von 14 Wochen in der Regel auf Fälle mit schwerer nachgewiesener Pathologie des Fetus. Nach Erreichen der extrauterinen Lebensfähigkeit des Fetus (22-24 Wo-chen) wird der Abbruch auch bei nachgewiesener Pathologie des Fetus zunehmend restriktiv gehandhabt und beschränkt sich auf die Fälle mit schwerer Pathologie ohne Aussicht auf ein extrauterines Überleben oder ein Minimum an kognitiver Entwicklungsfähigkeit wie etwa bei Trisomie 13, 18, Anencephalus oder beidseitiger Nierenagenesie.
ISSN:1437-1618
Contains:Enthalten in: Ethik in der Medizin
Persistent identifiers:DOI: 10.1007/PL00014822