Der erinnerte Jesus als Begründer des Christentums?

In der neueren Jesusforschung ist verschiedentlich der Begriff »Erinnerung« ins Spiel gebracht worden. Damit soll deutlich gemacht werden, dass Geschichte stets produktive Aneignung vergangener Ereignisse darstellt. Auch im Blick auf die Person Jesu liegen seit den frühesten Zeugnissen Deutungen sei...

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Bibliographic Details
Main Author: Schröter, Jens 1961- (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
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Published: Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG 2007
In: Zeitschrift für Neues Testament
Year: 2007, Volume: 10, Issue: 20, Pages: 47-53
Online Access: Volltext (lizenzpflichtig)
Description
Summary:In der neueren Jesusforschung ist verschiedentlich der Begriff »Erinnerung« ins Spiel gebracht worden. Damit soll deutlich gemacht werden, dass Geschichte stets produktive Aneignung vergangener Ereignisse darstellt. Auch im Blick auf die Person Jesu liegen seit den frühesten Zeugnissen Deutungen seines Wirkens und Geschicks vor, die als Wirkungen seines Auftretens zu interpretieren sind. Der Erinnerungsbegriff kann dabei dazu dienen, die problematische Gegenüberstellung von »historischem Jesus« und »kerygmatischem Christus« zu überwinden. Die Kontroverse zwischen Dunn und Schröter dreht sich vor diesem Hintergrund um die Frage, inwieweit sich mit Hilfe des Erinnerungsbegriffs das Profil der Person Jesu erfassen lässt. Konkreter Bezugspunkt ist die Jesusdarstellung von James Dunn »Jesus Remembered« von 2003. In diesem hatte Dunn die These entwickelt, Jesus sei als »Gründer des Christentums« zu betrachten, da die von ihm ausgehenden Wirkungen zur Entstehung des christlichen Glaubens geführt hätten. Die Anfänge dieses Glaubens lassen sich deshalb Dunn zufolge bereits in die Zeit des irdischen Wirkens Jesu zurückzuführen. Schröter stellt in seiner Auseinandersetzung mit diesem Ansatz die Annahme eines direkten Weges vom Wirken Jesu zur Überlieferung in den synoptischen Evangelien in Frage. Kritisch angefragt wird des Weiteren, ob der christliche Glaube bereits mit dem irdischen Jesus in Verbindung zu bringen sei. Der Erinnerungsbegriff könnte Schröter zufolge die Gefahr in sich bergen, notwendige Differenzierungen einzuebnen. In seiner Antwort hält Dunn dem entgegen, dass die synoptische Überlieferung ein hohes Maß an Kohärenz aufweise, das es sehr wohl ermögliche, zum irdischen Jesus zurückzuführen und die Anfänge des christlichen Glaubens mit seinem Wirken in Verbindung zu bringen. In einem gemeinsamen Statement halten beide Autoren abschließend fest, dass sie trotz der Divergenzen von der gemeinsamen Überzeugung ausgehen, der Erinnerungsbegriff sei eine produktive hermeneutische Kategorie für die Jesusforschung.
ISSN:2941-0924
Contains:Enthalten in: Zeitschrift für Neues Testament