Urteil vom 20. 10. 2009 - 39128/05 Lombardi Vallauri/Italien: Kein Lehrauftrag an katholischer Universität wegen unorthodoxer Äußerungen

Die Entscheidung der Fakultät einer katholischen Universität, eine erneute Kandidatur des Beschwerdeführers nach mehr als 20-jähriger Tätigkeit als Lehrbeauftragter wegen Meinungsäußerungen nicht in Betracht zu ziehen, die gegen die katholische Lehre verstoßen, ist ein Eingriff in das von Art. EMRK...

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Bibliographic Details
Corporate Author: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (Author)
Format: Print Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
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Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: Beck 2011
In: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
Year: 2011, Volume: 30, Pages: 153
IxTheo Classification:SB Catholic Church law
Further subjects:B Teaching license
B Catholic church Codex iuris canonici 1983. can. 812
B Dogmatics
B Congregation
B Catholic church Codex iuris canonici 1983. can. 229, §3
B Catholic church Codex iuris canonici 1983. can. 810
Description
Summary:Die Entscheidung der Fakultät einer katholischen Universität, eine erneute Kandidatur des Beschwerdeführers nach mehr als 20-jähriger Tätigkeit als Lehrbeauftragter wegen Meinungsäußerungen nicht in Betracht zu ziehen, die gegen die katholische Lehre verstoßen, ist ein Eingriff in das von Art. EMRK Artikel 10 EMRK geschützte Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung, der nach Art. EMRK Artikel 10 EMRK Artikel 10 Absatz II EMRK nur gerechtfertigt ist, wenn er "gesetzlich vorgesehen" ist, ein berechtigtes Ziel verfolgt und "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" ist. Der akademischen Freiheit wird in der Rechtsprechung des Gerichtshofs und in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats große Bedeutung beigemessen. Sie muss die Freiheit der Meinungsäußerung und von Betätigungen garantieren sowie die Freiheit, Informationen weiterzugeben, zu forschen und ohne Einschränkungen wissenschaftliche Erkenntnisse zu verbreiten. Dass die Einschränkung der Meinungsfreiheit notwendig war, muss überzeugend nachgewiesen werden. Bei der Prüfung, ob das geschehen ist, berücksichtigt der Gerichtshof, ob im Verfahren der Behörden und Gerichte angemessene Garantien bestanden haben, ob die Gründe für die Einschränkung bekannt waren, so dass sie angegriffen werden konnten, und ob die Entscheidung angemessen gerichtlich überprüft worden ist. Weil dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht mitgeteilt worden ist, welche seiner Äußerungen beanstandet wurden, hat er kein angemessenes Verfahren und damit auch keinen angemessenen gerichtlichen Rechtsschutz gehabt, so dass Art. EMRK Artikel 10 EMRK verletzt ist. Das Recht, an einem Auswahlverfahren für ein öffentliches Amt teilzunehmen, ist ein zivilrechtlicher Anspruch i. S. von Art. EMRK Artikel 6 EMRK Artikel 6 Absatz I EMRK (Recht auf ein faires Verfahren). Das in Art. EMRK Artikel 6 EMRK Artikel 6 Absatz I EMRK garantierte Recht auf Zugang zu einem Gericht kann eingeschränkt werden, vorausgesetzt, dass damit ein berechtigtes Ziel verfolgt wird und die Einschränkung verhältnismäßig ist. Die italienischen Gerichte haben sich bei der Prüfung der negativen Entscheidung des Fakultätsrats der Katholischen Universität Mailand auf die Feststellung beschränkt, dass der Heilige Stuhl widersprochen habe. Sie haben nicht in Frage gestellt, dass dem Beschwerdeführer nicht mitgeteilt worden ist, mit welchen Äußerungen er der katholischen Lehre widersprochen hat und welche Auswirkungen das auf seine Lehrtätigkeit hat. Die mangelnde Kenntnis der Gründe hat den Beschwerdeführer daran gehindert, darüber zu verhandeln. Damit war die Überprüfung durch die italienischen Verwaltungsgerichte nicht angemessen, so dass Art. EMRK Artikel 6 EMRK Artikel 6 Absatz I EMRK verletzt ist.
ISSN:0721-880X
Contains:Enthalten in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht