Entziehung der Rechtsfähigkeit eines Vereins, Urteil vom 12.12.2003 - 1 S 1972/00

Leitsatz: 1. Werden die von einem Verein seinen Mitgliedern angebotenen entgeltlichen Leistungen von den gemeinsamen Überzeugungen der Mitglieder getragen, von denen sie nicht gelöst werden können, ohne ihren Wert für den Empfänger zu verlieren, begründen die intern entgeltlich angebotenen Dienste k...

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Corporate Author: Württemberg-Baden, Verwaltungsgerichtshof (Author)
Format: Print Article
Language:Undetermined language
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Published: ˜deœ Gruyter 2008
In: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946
Year: 2008, Volume: 44, Pages: 378-406
IxTheo Classification:SB Catholic Church law
Further subjects:B Jurisdiction
B Scientology
B Gewerbeausübung
B Association
Description
Summary:Leitsatz: 1. Werden die von einem Verein seinen Mitgliedern angebotenen entgeltlichen Leistungen von den gemeinsamen Überzeugungen der Mitglieder getragen, von denen sie nicht gelöst werden können, ohne ihren Wert für den Empfänger zu verlieren, begründen die intern entgeltlich angebotenen Dienste keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 43 Abs. 2 BGB (wie BVerwG, Urteil vom 06.11.1997 - 1 C 18.95 - BVerwGE 105, 313 [318], KirchE 35, 439). 2. Der Grundsatz der Vereinsautonomie schützt auch die Autonomie in der Bildung und organisatorischen Gestaltung des Vereins nach der freien Selbstentscheidung der Mitglieder, wozu auch die Einfügung in eine hierarchisch organisierte Gemeinschaft gehören kann (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 05.02.1991, BVerfGE 83, 341 [359] - Bahá'i, KirchE 29, 9). Im Falle der Einfügung in eine hierarchisch organisierte Gemeinschaft kann deshalb auch die Frage, ob der Verein nach seinem Gesamtgebaren einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 43 Abs. 2 BGB verfolgt, grundsätzlich nicht losgelöst von dem Willen des einzelnen Vereins und den Überzeugungen seiner Mitglieder beantwortet werden. 3. Auch nach aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen ist nicht erwiesen, dass die Scientology-Lehre von der Organisation nur als Vorwand für eine ausschließlich wirtschaftliche Zielsetzung benutzt wird. 4. Die Vorschriften über die Entziehung der Rechtsfähigkeit eines Vereins (vergleiche §§ 21, 22, 43 Abs. 2 BGB) dienen maßgeblich dem Gläubigerschutz. Gefahren für das einzelne Mitglied, die sich in persönlicher oder finanzieller Hinsicht aus der Mitgliedschaft ergeben können, werden von ihrem Schutzzweck daher grundsätzlich nicht erfasst und sind deshalb auch nicht geeignet, die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs des Vereins zu begründen. Derartigen Gefahren kann jedoch insbesondere mit den Mitteln des Gewerberechts begegnet werden (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 03.07.1998, Buchholz 451.20 § 14 GewO Nr. 7, KirchE 36, 296, und vom 16.02.1995, Buchholz 451.20 § 14 GewO Nr. 6, KirchE 33, 43).
ISSN:0340-8760
Contains:Enthalten in: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946