Die "Desorientiertheit" des Menschen: Theodor Haeckers christliches Menschenbild im Kontext des Kulturkatholizismus
Theodor Haecker (1879-1945), ein schon zu Lebzeiten schwer greifbarer Kulturkritiker, katholischer Schriftsteller und christlicher Philosoph, wurde durch seine Essays und Beiträge in den Kulturzeitschriften Das Hochland und Der Brenner zu einer in kulturellen Kreisen der 20er und 30er Jahre des 20....
Main Author: | |
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Format: | Electronic Book |
Language: | German |
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Published: |
Augsburg
Universität Augsburg
2021
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In: | Year: 2021 |
Further subjects: | B
Thesis
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Online Access: |
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Summary: | Theodor Haecker (1879-1945), ein schon zu Lebzeiten schwer greifbarer Kulturkritiker, katholischer Schriftsteller und christlicher Philosoph, wurde durch seine Essays und Beiträge in den Kulturzeitschriften Das Hochland und Der Brenner zu einer in kulturellen Kreisen der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts bekannten und auch umstrittenen Persönlichkeit. Im Mittelpunkt seiner Beschäftigung steht die Frage nach dem Menschen. „Was ist der Mensch?“ lautet so auch der Titel seines bekanntesten Buches. Um diese Frage kreisen alle seine Veröffentlichungen: Wie ist Menschsein in seinen Bezügen zu Gott, zu sich selbst, zur kirchlich oder politisch verfassten Gesellschaft, zur Geschichte, zu Kunst und Kultur aus christlicher Perspektive zu verstehen? Als Schriftsteller und Zeitkritiker kann Theodor Haecker nur im Kontext der geistigen Landschaft seiner Zeit verstanden werden. Diese ist durch den Versuch katholischer Intellektualität bestimmt, angesichts der Herausforderungen und Umwälzungen der Moderne sowie der Situation kultureller Inferiorität gegenüber der protestantischen Mehrheitsgesellschaft eine eigene katholische, zeitgemäße Position zu finden. Dieser Prozess der Selbstvergewisserung reicht von Reformulierungsversuchen in Theologie und Philosophie, die vom kirchlichen Antimodernismus und dessen Auswirkungen beeinflusst sind, bis zu einer intensiven Kulturtätigkeit vor allem literarischer Natur, für welche nachträglich der Begriff des Kulturkatholizismus geprägt wurde. Haecker, der dieser losen und in sich heterogenen Bewegung zugeordnet werden kann, sieht in den Entwicklungen seiner Zeit eine „Desorientiertheit“ des Menschen begründet und formuliert auf Basis klassischer Metaphysik ein christliches Menschenbild als Sinnangebot für die existentielle Bewältigung des Lebens in dieser aus seiner Sicht prekären Situation. So zeigt diese Arbeit zunächst die ideengeschichtlichen Kontexte auf, vor deren Hintergrund Haeckers christliches Menschbild in ausgewählten Kernaspekten analysiert und exemplarisch mit zeitgenössischen, demselben intellektuellen Milieu entstammenden Autoren verglichen wird, um schließlich eine vertiefende Interpretation und Synthese von Haeckers Gedanken und deren Einbettung in die genannten Kontexte zu leisten. Die anthropologischen Themenfelder Haeckers umfassen dabei das Personverständnis, die Geschichtsphilosophie und das Verhältnis von Christentum und Kultur. Die Analyse zeigt, dass die Desorientierung des Menschen von Haecker stets in der ontologischen Frage verankert wird, also die echte und freie Entfaltung des Menschen innerhalb einer vorgegebenen Ordnung geschieht. Daher ist jede Zerstörung der Ordnung, beispielweise durch die Philosophie, durch Ideologien und Totalitarismen seiner Gegenwart nicht nur eine anthropologische oder soziale Frage, sondern ein Verstoß gegen die göttliche Ordnung selbst. So muss Haeckers Geschichtsphilosophie als Konsequenz seiner Anthropologie verstanden werden, wenn beispielsweise das Politische in seiner Ausrichtung auf die Gerechtigkeit die rechte Ordnung zu fördern habe. Auch das Themenfeld Kultur wird von Haecker über den Begriff der Schönheit wiederum ontologisch verortet und der Genius des Kulturschaffenden in seiner vollendeten Form der Heiligkeit des Heiligen zur Seite gestellt. Schließlich wird Haeckers Selbstverständnis als Bedingungsfaktor seines Wirkens, vornehmlich das Grundanliegen und die literarische Form betreffend, beleuchtet. Denn der Autodidakt und Einzelgänger Theodor Haecker entwickelt seine Gedanken vor allem aus der Position der Abgrenzung heraus und versteht sich in der Rolle des Bekenners und Anklägers, der mit einem quasi prophetischen Auftrag begabt ist. Als solcher ist er auch zu Zeiten, als er im nationalsozialistischen Deutschland als Schriftsteller längst der Zensur unterliegt, weiter heimlich tätig und gilt als geistige Inspirationsquelle der christlich motivierten Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“. Als bestimmende Momente in Haeckers Leben und Werk sind also der aus katholischer Theologie und Philosophie gewonnene ontologische Denkrahmen einer Philosophia Perennis, das danach ausgerichtete und davon inhaltlich gefüllte Lebenszeugnis sowie die daraus sich ergebende öffentliche Wirksamkeit im kulturschaffenden Ausdruck.zeige weniger |
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Persistent identifiers: | URN: urn:nbn:de:bvb:384-opus4-860292 |