Furchterregende Randzonen der Aufklärung: Skandalon Vampirismus

Zwischen 1724 und 1760 traten in den Grenzlanden des Habsburgerreichs Wellen einer bis dahin unbekannten epidemischen Krankheit auf: des Vampirismus. Aus entlegenen Dörfern Südosteuropas wurde über ungewöhnliche Todesfälle berichtet. Von nicht verwesenden Leichen war die Rede...

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Bibliographic Details
Main Author: Bräunlein, Peter J. 1956- (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: Gesellschaft für Anomalistik e. V. 2015
In: Zeitschrift für Anomalistik
Year: 2015, Volume: 15, Pages: [55]-87
Standardized Subjects / Keyword chains:B Austria / Serbia / Vampire / Living corpse / Spirits / History 1724-1760
IxTheo Classification:AD Sociology of religion; religious policy
KBK Europe (East)
TJ Modern history
ZB Sociology
Online Access: Volltext (kostenfrei)
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Description
Summary:Zwischen 1724 und 1760 traten in den Grenzlanden des Habsburgerreichs Wellen einer bis dahin unbekannten epidemischen Krankheit auf: des Vampirismus. Aus entlegenen Dörfern Südosteuropas wurde über ungewöhnliche Todesfälle berichtet. Von nicht verwesenden Leichen war die Rede, und nach Angaben der dörflichen Bevölkerung stellten wiederverkörperte Geister ihren lebenden Verwandten nach und beraubten sie ihrer Lebenskraft. Es dauerte nicht länger als drei bis vier Tage, bis die Betroffenen tot waren. Durch die Bedrohung einer ansteckenden Seuche aufgeschreckt, entsandte die Kolonialverwaltung Offiziere und Militärärzte, die die Vorkommnisse untersuchen sollten. Bald schon machten Berichte und Zeitungsartikel die Runde, die die verblüffte europäische Öffentlichkeit über die unzeitige Wiederauferstehung der Toten unterrichteten. „Vampyrus Serviensis“, der serbische Vampir, wurde in akademischen Kreisen zu einer eingehend diskutierten Erscheinung, die so erst in den Rang einer Tatsache erhoben wurde. Dieser Aufsatz beschreibt das geopolitische Umfeld der Ursprünge des Vampirs in Habsburgischen Landen. Zweitens skizziert er die erkenntnistheoretischen Schwierigkeiten, denen sich die Ärzte gegenüber sahen. Zum Dritten versucht er, die gelehrten Debatten nachzuvollziehen, die das Oxymoron der lebenden Toten im Zeitalter der Aufklärung hervorrief. Und viertens zeigt die Frühgeschichte des Vampirismus, dass es sich bei Geistern und Begegnungen mit Untoten nicht um abergläubische Überbleibsel einer prämodernen Vergangenheit oder um ein per se defizitäres Gegenmodell zur Aufklärung handelt, sondern um vertraute Begleiterscheinungen westlicher Modernität.
Item Description:Literaturverzeichnis: S. 83-87
Contains:Enthalten in: Zeitschrift für Anomalistik
Persistent identifiers:DOI: 10.15496/publikation-39362
HDL: 10900/97979