Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit und die Medizin am Lebensende

Nach Einführung des § 217 in das Strafgesetzbuch, der geschäftsmäßige Assistenz beim Suizid untersagt, wird derzeit der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) diskutiert als eine Weise, den Tod herbeizuführen. Dabei ergeben sich Schwierigkeiten der normativen Abgrenzung zum Suizid u...

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Main Author: Sahm, Stephan 1959- (Author)
Format: Electronic/Print Article
Language:German
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Published: Brill | Mentis [2019]
In: Zeitschrift für medizinische Ethik
Year: 2019, Volume: 65, Issue: 3, Pages: 211-226
Standardized Subjects / Keyword chains:B Sterbefasten / Suicide / Terminal care / Medical ethics
IxTheo Classification:NCH Medical ethics
Online Access: Volltext (doi)
Description
Summary:Nach Einführung des § 217 in das Strafgesetzbuch, der geschäftsmäßige Assistenz beim Suizid untersagt, wird derzeit der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) diskutiert als eine Weise, den Tod herbeizuführen. Dabei ergeben sich Schwierigkeiten der normativen Abgrenzung zum Suizid und der Suizidassistenz. Die Mehrzahl der Fälle eines FVNF betrifft Kontexte, in denen schwere Erkrankungen mit begleitendem Versiegen der Bedürfnisse vorliegen. Dann gleicht der FVNF der Rückweisung einer medizinischen Behandlung, die ethisch unbedenklich ist. Auch FVNF ohne Vorliegen einer psychischen und somatischen Erkrankung kann als distinkte Weise des Handelns vom Suizid abgegrenzt werden. Dennoch ergeben sich hier Konflikte für Pflegende und Ärzte wegen des Überwiegens einer suizidalen Intention in diesem Kontext. Sofern für die Person in diesem Fall bereits ein Betreuungsverhältnis besteht, ergibt sich auch dann eine Pflicht zur Begleitung. Die Pflicht zur Linderung von Symptomen als ethische Aufgabe bleibt bestehen und kann nicht als Teilnahme an der intendierten Handlung gewertet werden. Dies gilt vorausgesetzt, dass keine Anreize zum FVNF gegeben werden und die Versorgung in ein lebensbejahendes Umfeld einer palliativen Kultur eingebettet ist.
After introduction of the law that prohibits business like assistance with suicide a debate about voluntary refusal of nutrition and fluids (VRNF) has been prompted. Problems had been identified to separate VRNF from acts such as suicide and assistance with suicide. The majority of cases of VRNF are related to the presence of severe disease at the end of life. Under these circumstances VRNF is held as normatively equivalent to rejection of medical interventions which is ethically unobjectionable. VRNF without presence of any disease may be distinguished from suicide by distinctive features of the act. Yet, conflicts may arise for nurses and physicians due to the prominent suicidal intention associated with the act within this context. If there is a pre-existing relationship of care the persons must not be abandoned. Rather, the obligation to alleviate suffering remains unchanged. To care and to ease suffering is not to be held as participation in the act. This is the case provided no incentives for VRNF are given and care is embedded in a life-affirming culture of palliation
ISSN:0944-7652
Contains:Enthalten in: Zeitschrift für medizinische Ethik
Persistent identifiers:DOI: 10.14623/zfme.2019.3.211-226