Die Poetik des Stillschweigens im Cántico espiritual des heiligen Johannes vom Kreuz

Der heilige Johannes vom Kreuz weiß genau, dass die Sprache nicht ausreicht, um die mystische Erfahrung wiederzugeben, und deutet daher das Unaussprechliche, das er auf dem Gipfel der Seele erlebt hat, an, indem er seine Worte verstummen lässt, damit sie das Wunder der Vereinigung nicht entweihen. D...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. VerfasserIn: López-Baralt, Luce 1944- (VerfasserIn)
Medienart: Druck Aufsatz
Sprache:Deutsch
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Veröffentlicht: [2017]
In: Concilium
Jahr: 2017, Band: 53, Heft: 5, Seiten: 530-540
normierte Schlagwort(-folgen):B Juan, de la Cruz, Heiliger 1542-1591, Cántico espiritual / Gotteserfahrung / Schweigen / Poetik
IxTheo Notationen:CB Christliche Existenz; Spiritualität
CD Christentum und Kultur
KAH Kirchengeschichte 1648-1913; Neuzeit
KDB Katholische Kirche
Beschreibung
Zusammenfassung:Der heilige Johannes vom Kreuz weiß genau, dass die Sprache nicht ausreicht, um die mystische Erfahrung wiederzugeben, und deutet daher das Unaussprechliche, das er auf dem Gipfel der Seele erlebt hat, an, indem er seine Worte verstummen lässt, damit sie das Wunder der Vereinigung nicht entweihen. Deshalb geht er im Cántico stillschweigend über die eigentlichen Höhepunkte hinweg, die von der jenseitigen Vermählung mit Gott hätten Zeugnis geben sollen. Er verbirgt dieses kaum wahrnehmbare Stillschweigen wie einen pulsierenden Schatz in dem ehrfürchtigen Raum zwischen den Strophen der Vereinigung oder einigen Schlüsselversen des Gedichts. Auf diese Weise sorgt der heilige Johannes dafür, dass sein Dichterwort ‒ genau wie seine Vereinigung mit Gott ‒ unhörbar, verborgen, unantastbar bleibt. Das sind seine besten Verse: die, die er in der Sprache der Stille geschrieben und in Luft gestaltet hat, die er vor dem rauen Kleid des Wortes zu beschützen wusste und denen er Bildhaftigkeit und Metrum versagte. Diese verstummten Verse lehren uns mehr als seine wunderschönen hilflosen Worte: Sie lehren uns durch ihr ewigkeitsträchtiges Stillschweigen. Nur mit diesem Stillschweigen können wir die Größe des Geschehenen ehrfürchtig feiern: die unvorstellbare Begegnung mit dem lebendigen Gott.
ISSN:0588-9804
Enthält:Enthalten in: Concilium