Schmerzfrei Leben?: Religionsphilosophische Perspektiven auf den Diskurs über die Affirmation und Integration von Verletzlichkeit

Die spätmoderne Gesellschaft der Gegenwart kultiviert die Einstellung, dass ein lebenswertes Leben frei von Leid, Schmerz und anderen unvorhersehbaren Widerfahrnissen zu sein hat. Der Artikel diskutiert verschiedene Einwände gegen diese Form der Kultivierung des Lebens, die auf das in der Bioethik e...

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Bibliographic Details
Main Author: Klein, Rebekka A. 1980- (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
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Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: De Gruyter 2015
In: Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie
Year: 2015, Volume: 57, Issue: 3, Pages: 301-317
Standardized Subjects / Keyword chains:B Life / Suffering / Vulnerability / Religion
IxTheo Classification:AB Philosophy of religion; criticism of religion; atheism
FA Theology
NBE Anthropology
VA Philosophy
Online Access: Volltext (Verlag)
Description
Summary:Die spätmoderne Gesellschaft der Gegenwart kultiviert die Einstellung, dass ein lebenswertes Leben frei von Leid, Schmerz und anderen unvorhersehbaren Widerfahrnissen zu sein hat. Der Artikel diskutiert verschiedene Einwände gegen diese Form der Kultivierung des Lebens, die auf das in der Bioethik entwickelte Konzept der Verletzlichkeit des Menschen zurückgehen. Die Rede von Verletzlichkeit macht darauf aufmerksam, dass menschliches Leben durch Widerfahrnisse von Leid, Schmerz und Gewalt zutiefst affiziert wird und diese Widerfahrnisse nicht durch ein souveränes Selbst unterdrückt oder überwunden werden können. Dies ermöglicht es jedoch, eine Haltung der Sensibilität für eigene und fremde Verletzungen zu entwickeln. Ausgehend von dieser Einsicht fragt der Artikel, inwiefern Religion als eine Praxis des sensiblen Umgangs mit Verletzlichkeit verstanden werden kann. In der Diskussion von neueren Konzeptionen einer Theologie des Lebens (Tillich, Höfner / Thomas et al.) zeigt sich, dass diese das Phänomen der Verletzlichkeit nicht adressieren können, da sie an der Überzeugung festhalten, dass Verletzlichkeit ein Phänomen der Endlichkeit des Lebens ist und durch den Geist des Lebens (Gott) transzendiert und überwunden werden kann.
To live a life free of unforeseeable pain and suffering seems to be the goal and purpose of late modern culture. The article discusses current objections to this view, stemming from the bioethical discourse on vulnerability. In this discourse, vulnerability serves as a category indicating that human life is deeply affected by harm, pain, and suffering and that this affection cannot be oppressed or overcome by a sovereign self. Hence, vulnerability has to be taken into account by cultivating a certain attitude of sensitivity towards oneself and others. Based on this premise, the article raises the question whether religion is or might become sensitive to vulnerability. In a critical discussion of recent attempts to build a theology of life (Tillich, Höfner / Thomas et al.) it is shown that theological concepts often avoid addressing the phenomenon of vulnerability by defending the view that it is a phenomenon of the immanence of life which can be transcended and overcome by the spirit of life, which is God.
ISSN:1612-9520
Contains:In: Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie
Persistent identifiers:DOI: 10.1515/nzsth-2015-0015