Urteil vom 29.06.2007 - 15472/02: Befreiung vom Religionsunterricht
1. Artikel 2 S. 1 Zusatzprotokoll zur EMRK (Recht auf Bildung) unterscheidet nicht zwischen staatlichem und privatem Unterricht. Artikel 2 S. 2 soll im Kern Pluralismus in der Erziehung gewährleisten, der für die Demokratie, wie sie die Konvention versteht, wesentlich ist. Wegen der Bedeutung des mo...
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Format: | Print Article |
Language: | German |
Check availability: | HBZ Gateway |
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Fernleihe: | Fernleihe für die Fachinformationsdienste |
Published: |
C. H. Beck
2008
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In: |
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
Year: 2008, Volume: 27, Pages: 1217 |
IxTheo Classification: | SB Catholic Church law |
Further subjects: | B
Jurisdiction
B Religious instruction |
Summary: | 1. Artikel 2 S. 1 Zusatzprotokoll zur EMRK (Recht auf Bildung) unterscheidet nicht zwischen staatlichem und privatem Unterricht. Artikel 2 S. 2 soll im Kern Pluralismus in der Erziehung gewährleisten, der für die Demokratie, wie sie die Konvention versteht, wesentlich ist. Wegen der Bedeutung des modernen Staates muss dieses Ziel vor allem im staatlichen Unterricht verwirklicht werden. 2. Es ist nach Artikel 2 Zusatzprotokoll zur EMRK nicht möglich, zwischen dem Religionsunterricht und anderen Unterrichtsfächern zu unterscheiden. Die Vorschrift verpflichtet den Staat, die Überzeugungen der Eltern im gesamten Unterrichtsprogramm zu achten. 3. Artikel 2 S. 1 Zusatzprotokoll zur EMRK sichert jedem das Recht auf Zugang zu einer bestehenden Bildungseinrichtung zu und verpflichtet den Staat zu gewährleisten, dass abgeschlossene Studien amtlich anerkannt werden, damit die Absolventen Nutzen daraus ziehen können. 4. Artikel 2 Zusatzprotokoll zur EMRK hindert den Staat nicht daran, im Unterricht Informationen oder Kenntnisse zu vermitteln, die direkt oder indirekt religiöser oder weltanschaulicher Art sind, und gibt Eltern nicht das Recht, dem zu widersprechen. 5. Die Informationen oder Kenntnisse müssen aber auf objektive, kritische und pluralistische Weise vermittelt werden. Der Staat darf nicht indoktrinieren. 6. Die Tatsache allein, dass Kenntnisse vom Christentum einen größeren Teil des Lehrplans einnehmen als Kenntnisse von anderen Religionen und Weltanschauungen, ist keine Abkehr von den Grundsätzen der Pluralität und der Objektivität. 7. Im vorliegenden Fall ist Artikel 2 Zusatzprotokoll zur EMRK verletzt, weil die vorgesehene Möglichkeit einer teilweisen Befreiung vom Religionsunterricht in ihren praktischen Auswirkungen nicht mit dem Recht der Eltern auf Achtung ihrer Überzeugung i.S. von Artikel 2 Zusatzprotokoll zur EMRK, der unter Berücksichtigung von Artikel EMRK, Artikel 9 EMRK ausgelegt werden muss, vereinbar ist |
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ISSN: | 0721-880X |
Contains: | Enthalten in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
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