Zum Begriff der Weltanschauungsschule im Sinne von Art. 7 Abs. 5 GG, Urteil vom 19.02.1992 - 6 C 5.91

Leitsätze: 1. Unter Weltanschauungsschulen im Sinne von Art. 7 Abs. 5 GG sind nur solche Schulen zu verstehen, in denen eine Weltanschauung die Schule sowie ihren gesamten Unterricht prägt. 2. Dabei wird eine Weltanschauung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG vorausgesetzt, also ein subjektiv verbindliche...

Full description

Saved in:  
Bibliographic Details
Corporate Author: Deutschland, Bundesverwaltungsgericht (Author)
Format: Print Article
Language:Undetermined language
Check availability: HBZ Gateway
Journals Online & Print:
Drawer...
Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: ˜deœ Gruyter 1997
In: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946
Year: 1997, Volume: 30, Pages: 70-86
IxTheo Classification:SB Catholic Church law
Further subjects:B Denominational school
B Jurisdiction
B Scientology
B Sect
B School law
B Ideological association
Description
Summary:Leitsätze: 1. Unter Weltanschauungsschulen im Sinne von Art. 7 Abs. 5 GG sind nur solche Schulen zu verstehen, in denen eine Weltanschauung die Schule sowie ihren gesamten Unterricht prägt. 2. Dabei wird eine Weltanschauung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG vorausgesetzt, also ein subjektiv verbindliches Gedankensystem, das sich mit Fragen nach dem Sinnganzen der Welt und insbesondere des Lebens der Menschen in dieser Welt befasst und das zu sinnentsprechenden Werturteilen führt. Überzeugungen zu einzelnen Teilaspekten des Lebens genügen nicht. 3. Eine Schule wird von einer Weltanschauung geprägt, wenn deren ganzheitliches Gedankensystem für die Gestaltung von Erziehung und Unterricht in den verschiedenen Fächern nicht nur methodisch, sondern auch inhaltlich - bei der Behandlung der jeweils berührten Sinn- und Wertfragen - grundlegend ist und wenn Elternschaft, Schüler und Lehrer - abgesehen von offenzulegenden Ausnahmen - eine gemeinsame weltanschauliche Überzeugung haben oder annehmen wollen; dies muss durch ein Minimum an Organisationsgrad der Weltanschauungsgemeinschaft gewährleistet sein. 4. Die Weltanschauungsschule ist nach dem Grundgesetz ein Unterfall der in Art. 7 Abs. 3 GG angesprochenen bekenntnisfreien Schule und nicht umgekehrt. Bekenntnisfreie Schulen, die nicht Weltanschauungsschulen sind, können als private Volksschulen nicht genehmigt werden. 5. Die Möglichkeit, private Volksschulen wegen ihrer weltanschaulichen oder religiösen Ausrichtung zuzulassen, besteht nur um der positiven Bekenntnisfreiheit willen und nicht zu dem Zweck, vor (vermeintlichen) Verstößen gegen das Neutralitätsgebot in der Praxis der öffentlichen Regelschule auszuweichen. Wenn der Unterricht an öffentlichen Gemeinschaftsschulen das Neutralitätsgebot verletzt, ist dagegen durch Rechtsmittel Abhilfe zu suchen.
ISSN:0340-8760
Contains:Enthalten in: Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946